Kölnische Rundschau (Nr.220) vom 21. September 2006
Reise zu Ringelnatz und Goldbären
Sieben Geschäftsleute der Goltsteinstraße luden zu einer eigenwilligen Veranstaltung ein
BAYENTHAL. "Wer vor kurzem einen Mann in Frack sah, der wild mit der Rechten in der Luft rudernd und in der Linken einen Koffer schlenkernd die Goltsteinstraße auf und ab lief, der litt nicht etwa unter Visionen. Auch durfte man sich nicht wundern, wenn ihn Straßenbahnen, Autoverkehr und die arabischen Zahlen an den Haustüren heillos verwirrten. Schließlich handelte es sich um einen Chinesen aus der Zeit Lao-Tses, dem sechsten Jahrhundert vor Christus. Er hatte sich einfach nur auf eine Zeitreise in die Gegenwart begeben, um eine Nachricht zu überbringen: Als Ziel gab er die Agentur für Gestaltung und Kommunikation "raum.4" an.

Da sei natürlich auch ein bisschen Werbung in eigener Sache im Spiel gewesen, gibt Monika Söller, Chefin von "raum.4", bereitwillig zu, "wir sind nämlich vor kurzem erst von der Goltsteinstraße 25 in die Goltsteinstraße 94 umgezogen und wollten, dass sich das herumspricht." Aber dass die Teilnehmer an der Aktion "Wenn einer eine Reise tut" und auch die Passanten auf die beteiligten Geschäftsleute und Dienstleister aufmerksam werden, sei schließlich ein willkommener Nebeneffekt. […]

Sieben Läden und Büros entlang der Goltsteinstraße machten mit […] Dort warteten - so die Ankündigung - "skurrile, wundersame, zauberhafte und ästhetische Eindrücke" rund um das Thema Reisen. Im Maßatelier "Stoff und Stein" etwa las Schauspielerin Angelika Pohlert im 20er-Jahre-Outfit aus einem Text von Klaus und Erika Mann vor, der eine dekadente Shopping-Tour durch Cannes beschreibt. […]

Zum gemeinschaftlichen Abschluss am neuen Standort von "raum.4" kam endlich auch der "Zeitreisende" zum Zuge: Frank Jäger vom Bewegungstheater "GANGART" hatte allerdings keine altchinesische Weisheit zu bieten, sondern ein Gedicht von Joachim Ringelnatz. Darin geht es um zwei Ameisen, die von Hamburg aus nach Australien reisen und dabei die Vorteile des Daheimbleibens entdecken: "Bei Altona auf der Chaussee/ Da taten ihnen die Beine weh,/ Und da verzichteten sie weise/ Dann auf den letzten Teil der Reise."